Kuratiert von Hermann Gabler.
Kategorie: show
Georg Winter / Stefan Burger – Dürrer
Kuratiert von Peter Wendl.
Die Ausstellung lässt sich mit einem Wort von James Hutton einleiten. Hutton war erfolgreicher Geschäftsmann Ende des 18 Jahrhunderts: Er verabschiedete sich jedoch aus der Wirtschaft, als er es sich leisten konnte – eine Sache, die anscheinend gar nicht so leicht ist.
Hutton jedenfalls betätigte sich fortan als Amateurgeologe.
Er stellte die Theorie auf, dass Berge durch Hitze entstehen – was zumindest im Angesicht eines Vulkans eine gewisse Wahrheit haben mag.
Warnend und auch ein wenig einschränkend für seine teils recht gewagten Thesen räumt er jedoch ein : „The earth is very old“
Damit bezieht er sich jedoch nicht nur auf die unglaublich langen Zeitspannen, die es ihm etwa unmöglich machen, die Kontinentaldrift oder Erosionsprozesse zu beobachten.
Vielmehr dient ihm sein Sinnspruch als Steilvorlage zum lyrischen Exkurs, etwa wenn er feststellt: There’s no vestige of a beginning, no prospect of an end.“ [James Hutton, 1795] Es gibt keine Überreste vom Anfang und keine Vorausschau aufs Ende.
In diesem Zustand der zeitlichen Verlorenheit und empirischen Geiselhaft gilt es jedoch nicht zu resignieren und sich Irrglauben oder Heilslehren hinzugeben, sondern man muss angreifen und das Gegenwärtige, – das was da ist – in den Fokus nehmen. Für Hutton bedeutet dies Stichproben nehmen, Probebohrungen setzen. Das ist einerseits hemdsärmelig – so wie man’s ja auch will vom Amateur – zum anderen ist es aber auch ein Plädoyer für die Arbeit an der Antwort.
Frei nach Hutton könnte man sagen: Erkenntnisse sind nicht in Stein gemeißelt, sondern müssen erst aus ihm herausgehauen werden…
Heute rangieren Huttons Schriften nicht mehr am Gipfel der geologischen Diskussion – trotzdem erfährt er als Poet gewisse Würdigung:
Zweihundert Jahre nämlich nach Veröffentlichung seines Forschungsberichts, der im Übrigen den bescheidenen Titel:
„Theory of the earth“ trägt – 200 jahre danach also zitiert ihn die amerikanische Punk-Band Bad Religion, indem sie das
There’s no vestige of a beginning, no prospect of an end
zur Refrainzeile des Songs No Control macht. Etwas deutlicher formuliert findet man Hutton dann auch innerhalb der Strophen wieder:
„History and future are the comforts of our curiosity
but here we are
Rooted in the present day, rooted in the present day
Questions that besiege us in life are testament of our helplessness“
Geschichte und Zukunft sind also die Bequemlichkeiten unserer Neugier, wir aber sind verwurzelt in der Gegenwart und die Fragen, die wir an das Ungreifbare adressieren, bezeugen unsere Hilflosigkeit.
Ich stimme nun ein in den Chor von Bad Religion – nämlich, dass der Tunnelblick auf Geschichte (aber auch der aufs contemporary) etwas mit neugieriger Passivität zu tun hat und dass man zur Beschäftigung in und mit der Gegenwart eine gehobene Verantwortung hat – nicht aber um Geschichten zu produzieren, die gleich der Neugier des Publikums zugeworfen werden.
Sondern vielmehr weil die angesprochene Hilflosigkeit, die sich in den uns belagernden Fragen ausdrückt, nur durch Aktivität aufgelöst werden kann. Ein Modus übrigens ohne den weder Geschichte noch Zukunft denkbar sind.
In ihrem Ausstellungs- oder auch Forschungsdesign ermöglichen es Georg Winter und Stefan Burger dem Besucher nun beiden Aspekten – also dem der Bequemlichkeit und dem der Aktivität – nachzuspüren.
Zum einen findet sich die Dokumentation mancher ihrer Forschungen, die ich hier mal als Bildarchäologie bezeichnen will – zum anderen, gilt es in diesen Bildern, die ja nicht nur als Ikone auftreten, sondern ja erst durch ihren geschichtliche Prozesshaftigkeit und ihrer taktilen Realität zur Ikone wurden und somit überzeitliche Wirksamkeit erhalten haben – diese Bilder also gilt es als Faustkeil für eigenes Forschen anzupacken.
Ich wünsche daher engagiertes Probebohren und tiefe Erkenntnisse hier in unserem Stollen, dem Kunstbunker.
Patrick Ruckdeschel
Stephan Burger und Georg Winter stellen unter dem Arbeitstitel “Dürrer“ im Kunstbunker Nürnberg aus. Signifikante Arbeiten der jeweiligen Position werden zusammen mit Ergebnissen der situationsbedingten Kooperation gezeigt. In den mageren Zeiten knapper Budgets verzichten beide auf die angebotene Abwrackprämie, ignorieren die Misere und stellen Möglichkeiten vor, wie durch angemessenes Produktions- und Rezeptionsverhalten, „gute Kunst“ gemacht, befragt und wieder verworfen werden kann. Beide Künstler kamen zunächst aus dem harmlosen Feld der künstlerischen Fotografie. Mit geschultem Blick und Übung im Umgang mit Bildorganisation werden skulpturale Versuchsanordnungen zur Erkundung von Wirklichkeit und Kunstproduktion vorgestellt und mit den Beteiligten verhandelt. Der Titel einer Arbeit von Stefan Burger „Sprung ins Leere unter Begutachtung einer Expertenkommission“ lässt erahnen was das Publikum in der Tiefe erwartet. Eine Zusammenarbeit mit dem Kunstbunker in Nürnberg liegt im Sinne einer Wurzelbehandlung Nahe. Gilt der Kunstbunker in Nürnberg doch als eine der sichersten Anlagen für Kunst. Tiefe und Beschaffenheit der Räumlichkeiten werden von Burger und Winter programmatisch genutzt. Schaffen sie es dem Bombardement der Regression zu entkommen?
(Georg Winter)
Rob Scholte
Kuratiert von Hermann Gabler.
VARIATION 2.35.3 / ALPHAVILLE
Raum 1
Mit VARIATION 2.35.3 von Patrick Franke wird eine Serie von Klanginstallationen fortgeführt, die einen Ort durch den Eingriff in ihn thematisieren. Mittels einer 2,35 Minuten langen Komposition oder Collage wird die bespielte Architektur mit nicht eigenem Klang angereichert. Über vier, in den Räumen verteilte Mikrophone, wird der Raum stetig abgehört. Akustische Ereignisse, geformt durch die Architektur, werden aufgezeichnet und laufen in einer zentralen Einheit zusammen. Durch die Eigenschaften der Apparatur und des Programms weiter moduliert, wird der Klang wieder ausgegeben. Als Medien dazu dienen, wie schon bei den Initialklängen, Glasscheiben als Resonanzflächen, bestückt mit einem Signalgeber. Die Intervalle dieser Vorgänge sind in einer Komposition festgelegt – Teil dieser Ereignispunkte sind Zufallsoperationen. Dem Raum werden minimale Geräusche hinzugefügt, als eine Art Kommentar oder temporäres Gedächtnis. Durch die stetigen Wiederholungen der Prozesse wird eine schwankende aber immer präsente Atmosphäre erzeugt.
Raum 2
ALPHAVILLE ist eine Installation mit Chris Markers Fotoroman „La Jetée“ (1962), einer dunklen Geschichte, besessen von Erinnerungen, die sich irgendwo in der Zukunft abspielt. Mit Bildern aus der Vergangenheit wird die Zukunft gezeigt: Passagierflugzeuge, das zerstörte Paris, ausgestopfte Tiere…
Fünf Videomonitore auf getarnten Podesten vor, von der Decke hängenden Fahnen, deren Farbigkeit den Schwarzweißfilm unterschiedlich tönt. Die Grenze zwischen den “Videoskulpturen” und Besuchern wird vage. Diese können sich körperlich und innerhalb Markers Film bewegen. Ein Raum des kunstbunkers gefüllt mit zirkulärer Zeit, der Ursache und Wirkung in die Schwebe bringt.
Video La Jetée Michigan State University
Clip:
Berlin – Anfang und Ende
André Butzer, Philip Fleischer, Thomas Grötz, Andreas Hofer, Maja Körner, Judith Korporaal, Markus Selg, Astrid Sourkova, Thomas Winkler, Ulrich Wulff
The Brotherhood of Subterranea
1. The B.O.S. is a body of initiates in whose hands are concentrated the wisdom and the knowledge of its members.
2. The members of The Brotherhood are known to be:
Jonathan Baldock
Marcus Coates
David Raymond Conroy
Sian Davies
Kaye Donachie
Alasdair Duncan
Dan Ford
Alistair Frost
Ashley Gallant & Matt Chesney
Brian Griffiths
Anne Hardy
Alex Hartley
Paul Johnson
Ben Judd
Meiro Koizumi
Jim Shaw
Mark Titchner
Francis Upritchard
3. The dispersion of the original secret wisdom having led to confusion, it was determined by the members to recombine and centralize their activities, even as white light, divided in a prism, may be recomposed.
4. This exhibition embodies the whole of the secret knowledge of all its members; and its members are initiates of the highest rank, and recognized as such by all capable of such recognition in every country in the world.
5. It was Ben Judd who revived the exoteric organization of the B.O.S. and initiated the plan now happily complete of bringing all occult bodies again under one governance.
6. The letters B.O.S. represent the words Brotherhood of Subterranea but they have also a secret meaning for initiates.
7. The Order is international, and has existing branches in every civilized country of the world.
8. The aims of the B.O.S. can only be understood fully by its highest initiates; but it may be said openly that it teaches Hermetic Science or Occult Knowledge, the Pure and Holy Magick of Light, the Secrets of Mystic attainment, and all other branches of the secret Wisdom of the Ancients.
9. In its bosom repose the Great Mysteries; its brain has resolved all the problems of philosophy and of life.
10. Moreover, it possesses a Secret capable of realizing the world- old dream of the Brotherhood of Man.
Issued by Order,
B. Judd IX°, Grand Secretary General
Das Authentische als Kunst – Mommartzfilme 1967 – 2006
Kuratiert von Hermann Gabler und Wolfgang Obermair.
Zuerst traut er sich nichts zu. Dann bemerkt er, dass er einige Sachen besser kann als andere. So wurde er z.B. erfolgreicher 100 m- Läufer, und als er sich im Kopf Filme auf die Wand projiziert, sieht er „Eisenbahn“. Er fragte rum, ob es den Film nicht längst schon gäbe. Da keiner ihn kannte, drehte er ihn. So ging es mit vielen seiner frühen Filme. Er drehte sie neben seinem Beruf als Beamter bei der Stadtverwaltung Düsseldorf. Das Geld aus dieser Arbeit reichte fürs Filmen, das nach internationalen Erfolgen, z.B. auf dem legendären Festival in Knokke die weitere Finanzierung sicherte.
Als Filmer erkannte er den Primat der Politik an und begann in den folgenden Jahren gut gemeinte schlechte Filme zu machen.
1977 war die Balance gefunden. In „Der Garten Eden“ einem fast dreistündigen Dokumentarfilm über den Niederrhein mit trivialen Portraits, mit der Frage: wo ist der Garten Eden und überhöhten Landschaftsbildern gelingt der utopische Aspekt. Dafür gabs – wie schon vorher für „Als wär’s von Beckett“ – einen silbernen Bären.
1980 wünschten Mommartz wohlmeinende den großen Durchbruch als Spielfilmer bei dem Projekt „Tango durch Deutschland“ mit Eddie Constantine. Dass das nicht gut gehen konnte, war ihm klar. Denn das Filmidol Eddie hatte mit seinen Vorstellungen nichts zu tun. Es war eine Verlegenheitsbesetzung, weil er seit Jahren den richtigen nicht gefunden hatte und zufällig auf Eddie traf, der einen neuen Altersstil `à la Buster Keaton‘ suchte. Auch bei der Kamera mußte improvisiert werden, als die Filmförderung den Film unter Dampf setzte.
Das Unmögliche zu probieren aber reizt ihn.
Danach wandte Mommartz sich wieder seiner Domäne zu, Menschen aufzufordern, sich zu zeigen: Menschen in experimentellen Situationen.
In „Jeder Mensch ist ein Tisch, nur, ich bin ein Stuhl“ demonstrieren sie ihr Scheitern als Einzelne angesichts der Aufgabe, die uns allen gestellt ist.
1985 greift er mit „Marmor bleibt immer kühl“ anlässlich der Entstehung eines Denkmals für Gustaf Gründgens nochmal das Verhältnis des Künstlers zur Macht auf. Nach Portraits seiner Studenten in der Toskana, nach manch launiger Spielerei mit der 16 mm Kamera beginnt in den 90-er Jahren eine neue Ästhetik. Mit Videomalerei und langen Videodokumentationen in China und auf Kuba zeigt er Wandel und Stillstand, bevor er mit seinen Studenten in die Märkische Schweiz fährt, dort „Buckow“ erkundet, wo sie auf den Mann treffen, der Hitler verbrannte.
In den letzten Jahren entstanden „Ohne Titel“, die zufällige Aufnahme einer Frau, die auf den nächtlichen Ramblas in Barcelona zwischen Passanten wie ein Schmetterling hin und her flattert und „Margrets Film“, das Dokument seiner sterbenden Lebensgefährtin.“
(Lutz Mommartz)
Programm
Raum 1
Fensterbild 1992/97 (60 min)
Raum 2
Galerie Monitor rechts
Die Treppe (7 min) 1967
Markeneier (5 min) 1967
Oben/Unten (3 min) 1967
Tanzschleife (2 min) 1967
Der Finger (4 min) 1967
Immatrikulation (6 min) 1968
Weg zum Nachbarn (11 min) 1968
Selbstschüsse (7 min) 1967
Zweileinwandkino (12 min) 1968
Galerie Monitor mitte
Eisenbahn 1967 (14 min) Endlosschleife
Galerie Monitor links
Soziale Plastik (11 min) 1969
Altersporno (5 min) 1970
Spanienkrimi (4 min) 1970
Haircut (6 min) 1974
Die Angst am Rhein (7 min) 1974
Mietersolidarität (4 min gekürzt) 1972
Denkmäler (9 min gekürzt) 1972
Beuys-Bense-Bill-Arnold Gehlen (3 min gekürzt) 1972
Raum 3
Als wär’s von Beckett (23,20 min) 1975
Raum 4
überfordert (gekürzt 18 min) 1968
400 m IFF (gekürzt 14 min) 1969
Die Tänzerin (Ausschnitt 7 min) 1992/97
Der Garten Eden (156 min) 1977
Tango durch Deutschland (gekürzt ca 35 min) 1980
Jeder Mensch ist ein Tisch, nur, ich bin ein Stuhl (gekürzt ca 47 min) 1982
Marmor bleibt immer kühl (gekürzt ca 34 min) 1985
Die Italienische Jagd (28 min) 1985
Anziehen (1 min) 1985
Focus (4 min) 1987
Vier kleine Stücke (gekürzt ca 9 min) 1988
Angst unter den Sternen (kurze Ausschnitte ca 5 min) 1988
El periodo especial (kurze Ausschnitte ca 10 min) 1993/97
Tausend Scherben (kurze Ausschnitte ca 10 min) 1993/97
Fenster zum Hof (gekürzt ca 4 min) 1996
Ohne Titel (23 min) 2003
Margrets Film (13 min) 2006/07
(geschätzte Länge insges. ca 420 min)
Raum 4 Monitor in der Ecke hinten: Einslive (60 min) 1997
Ellen Cantor, John Cussans Whitby Weekender / Dance Lesson
STARGATE: Der kunstbunker Nürnberg eV. präsentiert am Freitag den 18. Mai 2007 um 20.00 Uhr als Auftakt zur Blauen Nacht den Film Whitby Weekender von Ellen Cantor und John Cussans. Ellen Cantor und John Cussans werden anwesend sein und eine Einleitung zu ihrem Film geben, der die britische Musik- und Undergroundbewegung „Northern Soul“ beleuchtet. Anschließend Northern Soul Party mit DJ Andy Cummings und Jorge Lewis (London).
Am Samstag, den 19. Mai 2007 zur Blauen Nacht: Wird die Videoinstallation „Whitby Weekender Dance Lesson“ von Ellen Cantor und John Cussans gezeigt. Um Mitternacht findet eine „Tanzstunde“ mit den DJ´s Andy Cummings und Jorge Lewis statt.
Während der kommenden Woche, bis einschließlich Sonntag dem 27. Mai, wird täglich Whitby Weekender als Installation zu festen Vorführzeiten nachmittags und abends zu sehen sein.
Kuratiert von Wolfgang Obermair.
Single Art Work Project: Jonathan Bragdon / Raimer Jochims
Kuratiert von Hermann Gabler.
16. November 2006, Single Art Work Project von Jonathan Bragdon mit Raimer Jochims.
Weitere Teilnehmer: Frau Jochims, Hermann Gabler, Paul Goede, Herbert Hamak, Dominik Sittig, Hans-Peter Vollath.
Abstraktion und Überleben
Bara, Frauke Bogasch, Matthias Dornfeld, Thilo Heinzmann, Maja Körner, Bernd Ribbeck, Florian Schmidt, Dominik Sittig, Stefan Wissel
Kuration:
Dominik Sittig