Alternative Entrance

Céline Adamo, Monika Baer, Anne Berning, Tim Berresheim, Wolfgang Betke, Marieta Chirulescu, René Daniëls, Peter Duka, Sven-Ole Frahm, Michael Franz, Hermann Gabler, Michael Jäger, Svenja Kreh, Alexander Lieck, Frank Maier, Bertold Mathes, Klaus Merkel, Johan van Oord, Martin G. Schmid, Rob Scholte, Dominik Sittig, Klaus-Martin Treder, Jochen Twelker, JCJ Vanderheyden, Anke Völk, Marcus Weber, Thomas Werner, Jens Wolf, Elmar Zimmermann

Die Ausstellung ist kuratiert von Bertold Mathes.

Der Eingang findet durch den kunstbunker-Hintereingang statt, etwa 20 Meter südlich des Haupteingangs, ebenfalls auf dem Bauhof-Parkplatz.

Ausgangspunkt für -Alternative Entrance- ist die Idee und der Wunsch, eine Ausstellung zu zeigen, in der Arbeiten von Künstler/innen, die sich mit ihrer Arbeit im engeren oder weiteren Sinne im Format des Tafelbildes bewegen, in einer freien diagrammatischen Ordnung zusammenfinden. Dabei ergeben sich drei Felder: der Ausstellungsraum, die Zusammenstellung der Werke, das Einzelbild.

Bereits die Liste der ausstellenden Künstler/innen zeigt, dass hinsichtlich ihrer Werke, sowohl in der Materialität als auch in der inhaltlichen und formalen Struktur der verwendeten Mittel, sich eine disparate bis mindestens heterogene Erscheinungsform der Ausstellung generiert. Dieses Dilemma ist aber Anlaß, Programm und positive Behauptung für dieses Ausstellungsprojekt.

Von jedem/r Künstler/in ist jeweils eine Arbeit zu sehen. Diese hat ihre eigene Wand bzw. eigenen Ort im verzweigten und weitläufigen Gefüge des Ausstellungsraums -kunstbunker-. Das gemeinsame Element ist dann aber, und dies ist die Vorraussetzung für eine diagrammatische Anschlußfähigkeit im spezifischen Raum der Ausstellung, dass die jeweilige Arbeit einer strukturellen, formalen, technischen, inhaltlichen etc. Beschreibung zugänglich ist, dieser standhalten kann und sie überlebt, d.h. sich nicht darin verbraucht, sondern ihre Eigenmacht behält und sich damit jenseits von „Konzeptualismus“ einerseits und „Repräsentation“ andererseits befindet. Die Herausforderung ist also, ob das einzelne Werk, hier herausgelöst aus dem Radius der spezifischen Anliegen und deren Bedingungen im je eigenen Werkkontext, einen Stand an Sichtbarkeit hat, der für sich a priori erst mal funktionieren kann. Ein spezielles Interesse gilt dabei dem Dualismus von in Bewegung gesetztem Material (zu verstehen in vielfacher Weise) und dessen, in ein wie auch immer geartetes Bildwerk geronnene, visuelle und imaginative Sprachfähigkeit. Diese fast schon modellhafte Selbstbezogenheit (die sich zu jeweils eigenen Bedingungen im eigenen Feld ausspielt), bedingt aber, offensichtlich einem inhärenten produktiven Paradox folgend, deren diskursive Offenheit. Das Bild – sei es nun Malerei, Gemälde, Assemblage, ein digital vorbereiteter Print oder noch Anderes – zeigt sich so, in exemplarischer Weise, als mediale Zustandsform eines dynamischen Prozesses.

Geleitet durch das Auge und die Einbildungskraft des/r Betrachters/in bilden sich dann aus den einzelnen Werken heraus so etwas wie Tentakeln ins Innere der Ausstellung und knüpfen temporäre und individuell höchst relative und flexible Kontakte zwischen den Einzelbildern, die als situative Versuchsanordnungen aber ernst zu nehmen sind. Gleichzeitig jedoch richten die Werke in selbstbestimmter Weise ihre Vektoren nach Außen, in das freie Feld der im jeweiligen Moment der Betrachtung und Inanspruchnahme (nicht bemerkten) anderen Möglichkeiten. Dieses Intervall zwischen dem visuell wie auch imaginativ Anwesenden und dem versteckten aber potenziell wirkkräftigen Vorrat an außerhalb des „Augenblicks“ lauerndem Eigensinn des Bildes eröffnet das diagrammatisch aktive Feld, das man Kunst nennen mag. Diese Zuversicht ermöglicht dann auch, daß man das einzelne Werk in vielleicht sinnvoller Weise als solches in den Blick nimmt und in sowohl vertrauensvoll wie kritischer Widmung (das Eine geht nicht ohne das Andere) damit umgeht.

Bertold Mathes

Stephan Dillemuth

Vortrag von Stephan Dillemuth
the academy and the corporate public
akademie – selbstorganisation – künstlerische forschung – boheme

Auf Einladung der Studenten der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg hält Stephan Dillemuth am 17.11. um 19 Uhr einen Vortrag.

Stephan Dillemuth begreift seine Möglichkeiten als bildender Künstler vor dem Horizont der sich verändernden modernen Öffentlichkeit. Im Nachdenken über die eigene Rolle und künstlerische Handlungsmöglichkeiten geht er beispielsweise der Frage nach, inwieweit Selbstorganisation, persönliche und kollektive Integrität im Rahmen unserer Kontrollgesellschaft herzustellen sind. Kunst schafft für ihn mit den ihr innewohnenden Methoden der Reflexion, Analyse und des Experiments zwar Schönheit, besitzt aber auch ein gesellschaftsveränderndes Potenzial.

Mitunter untersucht Dillemuth zur Überprüfung aktueller Fragestellungen historische Bewegungen (z.B. Lebensreformbewegung, alternative Erneuerungsversuche der 1970er Jahre) und gesellschaftliche Umbruchsituationen (Räterepublik), stellt seine eigenen Recherchen jedoch stets mit experimentellen künstlerischen Mitteln in Frage und führt sie so zu neuen Ergebnissen. Das Resultat dieser Experimente sind Installationen, Inszenierungen und kollaborative Arbeiten ebenso wie Videos, Vorträge und Publikationen.

Kuratiert von Hermann Gabler.

Future Garden

Walter van Beirendonck, Jason Bunton, Herbert de Colle/ Hannes Ribarits, Gregor Eichinger, Gerhard Himmer, Anna Jermolaewa, Uwe Jonas, Franco Kappl, Jutta Koether, Eilidh McNair, Christoph Meier, Ute Müller, Wolfgang Obermair, Jürgen Paas, Maruša Sagadin, Ekaterina Shapiro-Obermair, Norbert Schwontkowski, Ezara Spangl, Daniel Spoerri, Christian Stock, Rita Vitorelli, Stefan Waibel, Franz West, Erwin Wurm

kuratiert von Christian Stock

Die kommenden zwei Ausstellungen im kunstbunker verweisen einmal mehr auf die Praxis der Künstlerkurationen. Christian Stock und Anja Manfredi sind in Wien lebende KünstlerInnen, die ihr kuratorisches Engagement in Bezug zu ihrem eignen Umfeld setzen und es als Ergänzung zur eigenen künstlerischen Praxis verstehen.
Beide Ausstellungen finden zeitgleich und parallel statt. FUTURE GARDEN ist eine große Schau künstlerischer Positionen aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie und Video, BERTLMANN / DASCHNER eine Ausstellung über geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen. Zwei KünstlerInnen aus unterschiedlichen Generationen, die vorwiegend mit Fotografie und Video arbeiten, treten dabei in einen Dialog.

Bertlmann / Daschner

Kuratiert von Anja Manfredi.

Die kommenden zwei Ausstellungen im kunstbunker verweisen einmal mehr auf die Praxis der Künstlerkurationen. Christian Stock und Anja Manfredi sind in Wien lebende KünstlerInnen, die ihr kuratorisches Engagement in Bezug zu ihrem eignen Umfeld setzen und es als Ergänzung zur eigenen künstlerischen Praxis verstehen.
Beide Ausstellungen finden zeitgleich und parallel statt. FUTURE GARDEN ist eine große Schau künstlerischer Positionen aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie und Video, BERTLMANN / DASCHNER eine Ausstellung über geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen. Zwei KünstlerInnen aus unterschiedlichen Generationen, die vorwiegend mit Fotografie und Video arbeiten, treten dabei in einen Dialog.

Die beiden Künstlerinnen Renate Bertlmann (*1943) und Katrina Daschner (*1973) untersuchen in ihren Arbeiten konsequent gesellschaftspolitische Fragestellungen und reflektieren über historische und zeitgenössische Machtkonstellationen unserer Körper. Sie reagieren in ihrer Kunst aktiv gegen zugeschriebene Rollenfunktionen von öffentlichem und intimem Leben und hinterfragen damit widerständig und selbstbewusst einen normativen Gesellschaftskörper, der vor allem auch ersichtlich ist in Konstruktionen weiblicher und männlicher Zuschreibungsformen. Die Künstlerinnen antworten aussagekräftig mit ihren interdisziplinären Werken: Interventionen, Performances, Installationen, Objekten, Collagen, Zeichnungen, Fotografien, Filmen und Fotofilmen etc.

Renate Bertlmann zeigt in dieser Ausstellung inszenierte SW-Fotoarbeiten aus den 1970er-Jahren – Selbstdarstellungen, die Verhaltensmuster nach dem Prinzip ,,Das Private ist politisch!“ neu verhandeln – sowie aktuellere Fotofilme, in denen fotografische gefrorene Einzelbilder in Bewegung versetzt werden – abstrakte Objekte, die durch spezifische Ausschnitte künstlerische Motivationen und Motive zitieren. Wiederkehrende inhaltliche Fokussierungen von Bertlmann sind:
,,PORNOGRAFIE, IRONIE und UTOPIE: Diese Dreiteilung war in Anbetracht der Komplexität des Unterfangens allerdings nur eine Notlösung, bis heute fluktuiere ich daher permanent zwischen diesen drei Bereichen hin und her, mit der Absicht, eine dichtes, System-analysierendes Bezugsnetz zu weben. In diesem Sinne war und ist das AMO ERGO SUM (1988) die Ausgangsbasis und der Einstieg in ein Hypermedia-Projekt, welches für mich tagtäglich wieder faszinierend ist, weil es immer neue Verknüpfungen, Querverweise und (Zusatz-)Informationen selbst produziert bzw. von außen aufnehmen kann.“ (R. B.)

Katrina Daschner inszeniert in ihrer filmischen burlesquen Trilogie theatrale Räume. In den von Daschner hergestellten Bühnenräumen gehört die ,,Biografie der Objekte“ genauso zum Erzählkern wie ein Chor, der Bezugsrahmen zu Handlung bildet. ,,Hintergrund für meine aktuellsten Produktionen HAFENPERLEN, ARIA DE MUSTANG und FLAMING FLAMINGOS (2008-2010), eine dreiteilige burlesque Filmreihe, ist meine Auseinandersetzung mit der Neo-Burlesque. Die Neo-Burlesque ist teilweise mit einem postpornografischen Diskurs verwandt, der u. a. die Selbstbestimmtheit über Blicke und Handlungen bezeichnet (…) In allen drei Arbeiten geht es darum, die Bühne bzw. den Ausstellungsraum als sexualisiertes Spiel- oder Performancefeld zu denken, auf dem Lust- und Machtprozesse sowie Blickregime verhandelt werden und stattfinden.“ (K. D.) Daschner präsentiert einen Film aus der Serie ARIA DE MUSTANG und ein Objekt aus FLAMING FLAMINGOS, eine rotierende, hypnotisierende Scheibe als Wurfmessermaschine.

Ein weiteres gemeinsames Interesse von Bertlmann und Daschner ist die diskursive und intuitive Befragung des Performativen sowie die Reflexion des Verhältnisses von Performativem und Medium. Durch den Einsatz von Medien können ephemere Ereignisse dauerhaft im Bildraum fixiert und als Artefakte und Kristallisation re-präsentiert werden. Übertragungsprozesse finden statt. Der Titel der Ausstellung BERTLMANN / DASCHNER sowie das Ausstellungsdisplay verweisen auf einen Dialog zwischen den beiden künstlerischen Positionen, die ausgestellten Objekte werden zueinander in Szene gesetzt. (Text Anja Manfredi)

Inside the Tree / The Tree Inside

Monika Baer, Carter, Brice Dellsperger, Claudia Kugler Achim Sakic, Alex van Warmerdam

Kuratiert von Claudia Kugler.

Es kann ja immer alles Mögliche passieren. Aber wenn etwas in einem bestimmten Raum passiert, hängt das zum Beispiel damit zusammen, wo dieser Raum ist bzw. wie er beschaffen ist. Wenn wir vom Innen sprechen, setzt das ein Äußeres voraus. Das wird gerne vergessen. Aber selbst, wenn wir uns darüber im Klaren wären, ist das nur die halbe Miete. Was Innen passiert, hängt mit dem Äußeren zusammen und schließt sich dennoch dagegen ab. Sich einzuschließen heißt aber nicht, dass automatisch etwas passieren muss.
Kunst bildet einen Raum. In sich und für sich. Ein Raum, der deshalb aber nicht frei ist von Bedingungen.Ein Raum, der von den Verhältnissen bestimmt ist. Deswegen stellen sich manche Fragen immer wieder neu. Etwa, wo sich Kunst lokalisiert, und, wie sie das macht. Welchen Raum künstlerische Arbeiten einnehmen können. Und welche Räume sie beinhalten bzw. öffnen. Wir möchten verstehen, wie es um die Realitäten innerhalb von Kunstwerken bestellt ist. Oder wie sich die Realität der Kunst zur Wirklichkeit, deren Teil sie ist, verhält.
Jedes Kunstwerk ist zwar Teil dieser Welt und verhält sich dazu, zum Beispiel auf der Ebene des Materials und der Stoffe, der Art ihrer Herstellung oder Vermittlung. Gleichzeitig will ein Kunstwerk einen Raum aus dieser Wirklichkeit heraus stülpen. Die Begründung dafür kann nur über die Arbeiten, in den Werken selber passieren. Künstlerische Arbeit erzeugt, Kunstwerke umreissen und definieren den Raum, in dem es – ganz unterschiedlich in Absicht, Mitteln und Effekt – zur Sache geht.
Kunst ist nicht autonomer als Du oder ich. Aber wie sich ein Kunstwerk zur Wirklichkeit verhält und was seine Realität ausmacht, das ist zweifach zweifach. Don Quichote ist nichts anderes als ein Bild. Aber Windmühlen sind bekanntlich Riesen. Das Innere eines Baums muss nicht im Baum selber zu finden sein.

Die Gruppenausstellung Inside The Tree/The Tree Inside setzt den Fokus weniger darauf, was Kunstwerke sind, sondern was in ihnen sein, was darin passieren kann. Ein gemalter Stoff, eine digitale Erfindung, eine bühnenhaft-skulpturale Inszenierung sind keineswegs nur Form. Und der Inhalt gezeichneter Vitrinen, die Handlung eines filmischen Remakes, das Porträt einer Innenschau sind weniger wirklich Inhalte als reale Bilder möglicher Stoffe. Inside The Tree/The Tree Inside befasst sich deswegen mit der zweifachen Realität, der doppelten Wirklichkeit künstlerischen Tuns.

Die Ausstellung ist nach Merry Go Round (Projektraum der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart,2006) und Im Lichte milder Verklärung (Galerie Kienzle & Gmeiner, Berlin, 2008) letzter Teil einer von Claudia Kugler kuratierten Trilogie über Strukturen und Wirkungsprinzipien von Kunstwerken.
(Hans-Jürgen Hafner)

Between What I See and What 1 Say

between what is
and what is not.
It weaves
and unweaves reflections.
Poetry
scatters words on our eyes.
Eyes speak,
words look,
looks think.
To hear
thoughts,
see
what we say,
touch
the body of an idea.
Eyes close,
the words open.
(Octavio Paz, A Tree Within)

Besprechung in den Nürnberger Nachrichten.