p+t, Kunst in Franken

p+t, Kunst in Franken 2003
Räume und Installationen der Künstlerinnen Claudia Kugler, Christine Clara Oppel, Stefanie Pöllot, Oliver Boberg, Ulrich Brüschke, Markus Freidl

Vollrad Kutscher (Gastausstellung der Stadt Nürnberg)

Für den in Frankfurt lebenden Künstler Vollrad Kutscher ist Licht der liebste Farbstoff und die Finsternis sein bevorzugter Malgrund. Das Individuum und die Gesellschaft, Identität, Ethik, Schönheit und Moral gehören zu den Themenkomplexen des Künstlers. Seine frühen Arbeiten sind geprägt durch die Suche nach der eigenen Identität, seine jüngeren Arbeiten beschäftigen sich zunehmend mit Fragen von Schönheit und Ethik,mit der Verquickung von Geld, Macht und Erotik. Dabei werden die Fragwürdigkeiten des Kunstbetriebes ebenso zum Thema wie etwa die wachsende Fremdenfeindlichkeit. Vollrad Kutscher gehört zu den Protagonisten der Grenzüberschreitung zwischen „ernster“ und „unterhaltender“ Kunst.Pendelnd zwischen der Intimität der Miniatur und dem Großauftritt des Monuments, zwischen Vordergründigkeit des Spiels und Hintergründigkeit des Symbolischen, verbirgt er seine Sinnstiftungen gern unter dem Gewand der leichten Musen.

Unter dem Titel „Rendezvous“ projiziert Vollrad Kutscher in der „Blauen Nacht“ fünf berühmte Nürnberger Paare auf Wände und Mauern. Albrecht Dürer und seine Mutter am Tiergärtnertorplatz, Peter Vischer und Adam Kraft an der Spitalinsel,Willibald Pirckheimer und seine Schwester Caritas an der Mauthalle, Anselm Ritter von Feuerbach und Kaspar Hauser am Frauentorgraben und Ludwig Erhard und Max Morlock am Wespennest.

Außerdem zeigt Vollrad Kutscher, der unter anderem mit Fotografie,
Fotogramm, Licht und Videoprojektion, Skulptur, Malerei und Zeichnung,
Raum- und Klanginstallation,Film und Performance arbeitet, einen
Ausschnitt seines Gesamtwerkes im Kunstbunker im Bauhof.

 

Feng Mengbo – Phantom Tales

Der Beitrag des Kunstbunkers zur Blauen Nacht 2003 sind die Phantom Tales – drei „Diavorträge“ des chinesischen Künstlers Feng Mengbo, geb. 1966, wohnhaft in Peking.

Während seiner Kindheit und Jugend war die kommunistische Kulturrevolution auf ihrem Höhepunkt. Für die Phantom Tales ließ er sich durch Geschichten und Unterhaltungsformen inspirieren, die er aus seiner Kindheit kennt. Jede dieser drei Animationen basiert auf einem Buch:

One Silver Dollar basiert auf einem gleichnamigen Bilderbuch, herausgegeben vom Politbüro der Einheit 1505 der chinesischen Volksbefreiungsarmee, verlegt von Peoples Art Publishing House, 1972

The Bloody History of The Three Stones basiert auf dem Bilderbuch mit dem gleichen Titel, herausgegeben vom Three Stones Historymuseum des Tianjin Hongquiao-Distrikts

The Technology of Slide Shows basiert auf einem Buch mit dem Titel „Wie man Diavorträge macht und präsentiert“, zusammengestellt vom Politbüro der Shenyangtruppe der Volksbefreiungsarmee, herausgegeben vom Chinese Film Publishing House, 1982.

Dies ist im Prinzip ein technisches Handbuch, das verschiedene Techniken erklärt, wie man mit allgemein erhältlichen und auch finanziell günstigen Technologien Animationseffekte für Diapräsentationen erzielen kann. Die im Buch verwendeten Bilder sind als Beispiele gedacht.

Feng Mengbo´s Projekt ist auch im Internet zu sehen. Es wurde in Auftrag gegeben von der Dia Art Foundation in New York. Die Installation von Phantom Tales im Kunstbunker, Nürnberg verbindet den virtuellen Raum des World Wide Web buchstäblich mit der körperlichen Welt von Kunstwerken in öffentlichen Einrichtungen wie dem Kunstbunker. Die Installation von Phantom Tales im Kunstbunker thematisiert Fragen zum öffentlichen Raum in Zeiten des World Wide Web.

Die meisten Kunstbunkerbesucher der Blauen Nacht werden die Phantom Tales noch nicht vom Internet kennen und sie das erste mal in der Atmosphäre des Kunstbunkers erleben. Obwohl Mengbo angibt daß es ihm nicht um politische Kritik geht, kommt man nicht drum herum die kulturhistorischen Inhalte dieser Zeit in China politisch zu sehen. Die Frage stellt sich, was bedeuten solche mythologische auf den ersten Blick eigenartige Popinhalte von Krieg und Befreiung wie sie in den Phantom Tales erscheinen, wenn wir sie sowohl zu unserem Bild von der Kulturrevolution in China wie auch zu unserer eigenen Gegenwart und Erinnerung in Beziehung setzen.

Kuratiert von Hermann Gabler und Wolfgang Obermair

Surveilance Camera Players

S.C.P. entwickelten zahlreiche Aktionsformen, u.a. die mittlerweile legendären „Camera-Walks“.
„It´s O.K., officer“ bedient sich des Plakat-Theaters, das vor an öffentlichen Orten installierten Überwachungs-kameras aufgeführt wird. Zum Publikum sucht es sich zufällige Passanten und, diesen oft konfrontierend, das Sicherheitspersonal an den zugehörigen Kontrollmonitoren.
Die S.C.P., deren Mitglieder sich im Zwischenbereich von künstlerischer Performance und politischer Aktion ansiedeln, beziehen eindeutige Position gegenüber der fortschreitenden Überwachung öffentlicher Räume. Der ständig wachsenden Präsenz und dem Einsatz der Kameras möchten sie begegnen, indem sie auch hier in Nürnberg das fundamentale Menschenrecht auf Privatsphäre durch ihre Aktion ins Bewußtsein rückten.
Dem Zug durch die Innenstadt folgte am Abend eine Werkschau im kunstbunker mit anschließender Diskussion, in der sie sich als Teilhaber einer in den USA sehr präsenten Richtung vorstellten, die künstlerische Ausdrucksformen mit politischem Bewußtsein verbindet