Jan van de Pavert

Jan van de Pavert macht eigentlich ganz unterschiedliche Arten von Arbeiten – z.B Skulpturen, Zeichnungen, Filme. Aber alles dreht sich um fiktive Architektur. In den im kunstbunker gezeigten Filmen verbindet sich diese Architektur mit Skulpturen und Zeichnungen.

Bei den Filmen in dieser Ausstellung handelt es sich um Computeranimationen. Einige sehen aus, als würde ein großes Haus durchschritten, das sich wie ein dunkles Labyrinth entfaltet. Andere zeigen Räume, an deren Wänden sich riesige Fresken befinden. Diese Gemälde sind überladen mit Figuren, die wie eine Parade wirken. Im Film sind sie, gleich der Architektur, fiktiv. Bevor die Bilder im Film auf der Wand erscheinen konnten, mußten sie tatsächlich gemalt werden. Was im Film wie -zig Meter lange Wandmalerei aussieht, ist in Wirklichkeit deutlich kleiner – allerdings aneinandergereiht jedoch immer noch 5 Meter lang.

Die Arbeit an diesen Bildern fing mit der Frage an: Was würden die mexikanischen Wandmaler um Diego Rivera, wenn sie noch am Leben wären, heute malen?
So sind die Filme Diego Rivera in der Sowjetunion und Underground eine Hommage an die Muralisten. Aber diese Filme feiern auch die Kunst aus der Zeit der Avantgarden im allgemeinen und die Verbindung dieser Avantgarden mit der Kultur der politischen Linken. Diego Rivera in der Sowjetunion aber handelt indirekt auch vom Ende der Avantgarde: Diego Rivera wurde, wie John Heartfield, 1932 in die Sowjetunion geholt, als die sowjetischen Behörden versuchten, die Kunst im figurativen Stil auf Linie zu bringen. Es stellte sich aber bald heraus, daß das den Künstler nicht genügte. Für den neuen sozialistischen Realismus waren Diego Rivera und John Heartfield nicht
geeignet.

Der Raum in dem Film Lounge II am Ende der Raumfolge des kunstbunkers ist eine aufblasbare Halle. Das Wandbild hat sich sozusagen über den ganzen Raum ausgebreitet, die Figuren situieren sich hier wie Heiligenbilder in einer überladenen, südeurop.ischen Kirche und sind aus dem gleichen Stoff wie die Halle selbst. Die Wahl der Figuren beschwört die mythischen Dimensionen einer Vorstellung der späten sechziger, frühen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Sie repräsentieren beispielsweise die Freiheit der niederländischen Provo-Bewegung, die 1964-1966 Polizei und andere Behörden provozierte, aber es befinden sich auch Musiker wie John Coltrane, Pharoah Sanders, der a-rhythmische Schlagzeuger Rashied Ali und Sunny Murray und der für immer an den Reglern seiner Elektronik schiebende Karlheinz Stockhausen darunter.

In dieser Ausstellung ist eine Reihe von Aquarellen mit aufgenommen, die zur Realisierung der Filme gemacht worden waren. Es wird noch an einem Film gearbeitet, in dem unsere Gegenwart als ein Pandämonium dargestellt werden soll, inspiriert durch das Passagen-Werk von Walter Benjamin. Dies kann hier nicht gezeigt werden, aber die ersten Skizzen machen neugierig. Es ist bedauerlich, dass die Arbeit an den dafür bestimmten Zeichnungen und an diesem Film nicht schneller geht.

Kuratiert von Hermann Gabler.