In seiner Ausstellung The Thug Silhouette im kunstbunker – forum für zeitgenössische Kunst e. V. zeigt Till Megerle (Jg. 1979) ausgewählte Fotografien, einen neuen, gemeinsam mit Steffen Martin realisierten Film und Beispiele aus seinem zeichnerischen Werk.
Damit vereint Megerle technisch und vielleicht auch thematisch unterschiedliche Stränge seiner künstlerischen Arbeit. Gerade die Zeichnungen des Künstlers bilden einen eigenen, ästhetisch eigensinnigen Werkkomplex, der nicht zuletzt durch die souveräne Beherrschung unterschiedlichster zeichnerischer Manieren und Stile auffällt. Die in Kohle, Tusche aber auch mit Bleistift und Kugelschreiber ausgeführten Blätter beziehen sich deutlich auf historische Vorbilder – etwa den Niederländer Pieter Bruegel oder den konservativen Satiriker Wilhelm Busch. Durch eine Art Anreicherung mit zeitgenössischen Motiven und persönlichen Details transformiert Megerle die historischen Sujets jedoch und entlässt sie in eine Art Dazwischen, in dem sie sich einer eindeutigen Zuordnung – sowohl ins heute, wie auch ins Vergangene – permanent entziehen.
Dagegen wirken Megerles Fotografien – kleinformatig abgezogene Bilder, die der Künstler paarweise in Rahmen anordnet und seriell arrangiert oder, wie aktuell in der Ausstellung, in Form einer Diasequenz präsentiert, auf den ersten Blick amateurhaft, wie aus privaten Familienalben entnommen. Auch hier wird aber eine Art psychologischer Unterströmung sichtbar, die das Vertraute bereits durch die genaue Auswahl des Motivs und des Bildausschnitts, mittels Komposition, Farbigkeit und Belichtung ins beinahe Unwirkliche verzerrt. In diesen Fotografien dokumentiert Megerle einerseits sein unmittelbares Umfeld, Familienangehörige etwa, Vorgärten und Hausfassaden oder Freunde. Andererseits bleibt es nicht beim bloßen Aufnehmen, Sammeln und Klassifizieren, wenn der Künstler die Fotografien gegen lineare Leseweisen, antichronologisch, themenübergreifend usw. arrangiert und so Motive, die zuerst so scheinbar normal und bis ins Banale hinein vertraut wirken, zusätzlich regelrecht fiktionalisiert. Konzepte wie Herkunft, Biografie, Klasse oder sogar das Fränkische werden auf diese Art und Weise als konstruiert vorgeführt; der Kamerablick als immer auch durchsetzt von Bild- und Stilkonventionen, beeinflusst nicht zuletzt durch die Effekte der Kulturindustrie und der digitalen Bildverarbeitung und -zirkulation.
An der Grenze zwischen performativer Unmittelbarkeit und filmischer Inszenierung bewegt sich auch der Film, den Megerle zusammen mit Steffen Martin in einer Kleinstadt in Nordbayern realisiert hat. In einer Art surrealem Kammerspiel befinden sich dabei zwei Akteure, eine Frau und ein Mann – vielleicht ein Paar, in einer schwer zu dechiffrierenden, emotional und psychisch äußerst zugespitzten Situation, diese wird – bei aller formalen Präzision und Rhythmisierung – eher lapidar ohne eine eindeutige Auflösung an die Betrachter_innen sozusagen weitergegeben.
Till Megerle hat nach einer Ausbildung zum Fotografen in Nürnberg, Leipzig und Wien Kunst studiert. Er lebt in Wien.
Im Rahmen der Eröffnung wird Alexander Hempel über das Werk Megerles sprechen. Er ist Künstler und Softwareentwickler und lebt in Berlin.
Dokumentation der Ausstellung bei Contemporary Art Daily