Die beiden Filme „Unrise“ (2002) und „What’s New“ (2015) von Nina Könnemann (Jg. 1971) belegen das wiederkehrende Interesse der Künstlerin an Phänomenen städtischen Lebens.
Schauplatz des rund dreieinhalbminütigen Films „What’s New“ ist eine vor einer Böschung platzierte Plakatwand, die sich in der viel frequentierten Umgebung eines Berliner U-Bahnhofs befindet. In kurzen, zwischen Close-up und Totale wechselnden Einstellungen hält die Kamera über einen offensichtlich längeren Zeitraum hinweg auf kontinuierlich erneuerte Werbeplakate, die entweder ein Hip Hop-Konzert annoncieren, für ein neues Gartengrill-Modell oder die ‚Marke’ Berlin Werbung machen. Die Kamera ist neutral: sie verzeichnet einerseits das wechselnde Wetter und andererseits verschiedene Gebrauchsformen, die mit der Plakatwand in Verbindung stehen. Hinter dieser verschwinden immer wieder Menschen oder tauchen plötzlich auf, ohne dass klar würde, welchen Verrichtungen sie dabei nachgehen; die Plakate selbst zeigen Spuren von Graffitis oder sind durch Abrisse beschädigt. Den auf den ersten Blick dokumentarischen Charakter des Films durchbrechen schlaglichtartige Cuts auf die realen Objekte und Ereignisse, die über die Plakate beworben werden, wenn die Kamera etwa das Grillgerät abtastet oder einen Blick auf die von der Crowd gefeierte Hip Hop-Performance wirft.
Der rund zehnminütige Film „Unrise“ ist ebenfalls im Grunde dokumentarisch angelegt. Schauplatz ist der, seinerzeit frisch fertig gestellte, unterirdische Regionalbahnhof am Potsdamer Platz zum Zeitpunkt der Love Parade. Die Kamera folgt den durchwegs jungen, oft offenbar erschöpften, oft noch von der Party exaltierten Besucherinnen und Besuchern, die sich zu unbestimmbarer Tages- oder eher Nachtzeit in dem ansonsten verlassenen, einerseits penetrant ‚neu’ aber auch desolat ‚leer’ aussehenden Bahnhof verloren haben und konfrontiert sie teilweise regelrecht. Der dabei stattfindende Austausch zwischen den Akteuren vor und hinter der Kamera geht nicht ohne eine gewisse Aggression seitens der Gefilmten ab, die Kommunikation bleibt erratisch.
Der dokumentarische Gestus von „Unrise“ ist von Live-Reportagen her bekannt und wird zugleich atmosphärisch überlagert und schwingt sogar um ins Genrehafte, wenn der Film – schon durch den Titel vorbereitet – die apokalyptische Tonalität von Zombie-Filmen annimmt oder an die Verwendung von Amateuraufnahmen erinnert, die in Horrormovies authentizitätsstiftend eingesetzt werden.
Neben seiner künstlerischen Arbeit als Maler und Bildhauer engagiert sich Marcus Weber (Jg. 1965) – u. a. in seinen kuratorischen Projekten – für die historische Erforschung nicht nur der ‚hohen’ malerischen Bildkultur, sondern vor allem der populären Bildsprachen des Comics und der Karikatur. Dieses Interesse spiegelt sich in seiner eigenen Malerei deutlich wider.
Die Bilderserie „Adalbertstraße“ umfasst 24 in Öl gemalte Leinwände im Querformat. Der zwischen 2008 und 2010 realisierte und durch fotografische und zeichnerische Recherche vorbereitete Zyklus hat als Sujet und Anlass die gleichnamige Straße im Berliner Stadtteil Kreuzberg, in der Weber sein Atelier hat.
Bericht Nürnberger Nachrichten (pdf)