Andý Frischholz / Vielleicht noch junge Kunst / 25.6. - 7.8.2022

Ich spiele Keyboard.
Ich bringe es mir bei.
Ich spiele in der verlassenen Fabrik 2008.
Ich bin bayrisch.
Wird mir beigebracht.
Meine Freunde und ich – wir mögen Fantasy.
In Fantasy ist man frei.
Meine Freunde hassen es, wenn ich Keyboard spiele.
Meine Freunde spielen Krieg.
Krieg war mal echt.
Krieg ist für mich Fantasy.
Die Leute sehen, dass wir Krieg spielen.
Ich gehe nach Franken.
Ich bringe mir mehr Bayrisch bei.
Der hessische Professor sagt Tschechei.
Ich frage meine Oma, sie sagt, Bulgarische Siedlung in Rumänien steht im Ausweis.
Ich frage meine Oma.
Sie weiß nichts.
Ich frage andere.
Sie sagen nichts
oder sind schon gestorben.
Alles sagt aber etwas.
Neben der verlassenen Fabrik steht eine Barracke aus Holz.
Meine Oma ist dort Kind einer geflohenen Familie.
Die Bulgarische Siedlung in Rumänien gibt es nicht mehr.
Ich bringe es mir bei.
Ich spiele Keyboard.
Die Baracke gibt es nicht mehr.

Die künstlerische Praxis von Andý Frischholz ist multidisziplinär und umfasst die Medien Skulptur, Zeichnung, Fotografie, Musik, Performance, Lyrik, Heimwerken und Dialekt mit einer Tendenz zum porösem Gesamtkunstwerk.

Seine äußerst persönlich geprägte Praxis trägt mitunter kabarettistische Züge, umfasst aber auch ein lang angelegtes Rechercheprojekt, das der Siedlungs- und Migrationsgeschichte seiner banatschwäbischen Familie aus dem heutigen Rumänien in die Oberpfalz der Nachkriegszeit nachspürt. 

Ausgehend von den dabei sichtbar werdenden Überlagerungen diverser historischer Regionalkulturen, spannt Andý Frischholz einen Bogen in die eigene mittelfränkische Gegenwart und entwickelt so eine ganz eigene künstlerische Sprache, deren humorvolle Absurdität zugleich vom Verschwinden ihrer Quellen handelt. 

Ein weiteres Resultat seiner Bemühungen verlorene Geschichte mit absurder Gegenwart kurzzuschließen, ist eine Art archäologische Institutionskritik, die sich aus einer ausgeprägten Faszination für öffentliche Einrichtungen wie der Post, der Bahn, dem Militär aber auch der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg speist. Ausgehend von Sammelleidenschaften für Munitionsbehälter, Postkisten und Akademiebrenneisen, verstrickt er sich dabei durch Anfragen und den arglosen Einsatz von Suchdetektoren immer wieder in den Mühlen gereizter Bürokratien die dabei allzu tief blicken lassen.

Andý Frischholz, geboren 1988 in Neustadt an der Waldnaab, lebt und arbeitet in Nürnberg. Von 2010 bis 2015 studierte er Bildende Kunst (Bildhauerei) an der AdBK Nürnberg, bis 2019 Lehramt Mittelschule an der FAU Erlangen-Nürnberg und bis 2022 Kunstpädagogik und Freie Kunst mit Schwerpunkt Malerei an der AdBK Nürnberg. 

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